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Hightech-Medizin, die Leben rettet

Interview mit Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen

Lieber Herr Prof. Werner, wenn Sie auf das Jahr 2023 zurückblicken, was überwiegt? Erfolg oder Krise?

In meinen Augen war das Jahr 2023 für die Universitätsmedizin ein Erfolg. Auch wenn die Kriege in der Ukraine und in Nahost sowie innenpolitische Krisen wie Inflation, rasant steigende Baukosten und Fachkräftemangel direkte Auswirkungen auf uns als Universitätsmedizin haben. Aber wir haben in den letzten Jahren sehr entschlossen unsere klare Strategie weiterverfolgt, die Digitalisierung zu nutzen. Damit gewinnen wir immer mehr Spielraum, die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken – unsere Patientinnen und Patienten ebenso wie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zudem gelingt es uns so, die Universitätsmedizin als Standort für Hightech-Medizin auszubauen.

Hightech-Medizin ist das Stichwort! Die Universitätsmedizin Essen leistet weitaus mehr als eine Grundversorgung, ist aber für diese außergewöhnlichen Behandlungen strukturell unterfinanziert. Wie gehen Sie mit diesem Dilemma um?

Leider wird die Behandlung unserer jährlich rund 300.000 ambulanten und 70.000 stationären Patientinnen und Patienten, darunter viele Schwerstkranke, Menschen mit seltenen Erkrankungen oder Menschen, denen nur noch kostenintensive Behandlungen helfen können, in vielen Fällen von den Kostenträgern nicht auskömmlich bezahlt. Als Universitätsmedizin halten wir eine hochgerüstete, leistungsstarke 24/7 Infrastruktur vor. Diese kommt bei vielen eher leichten Krankheitsbildern nicht zum Tragen. Die Folge war in den vergangenen Jahren immer wieder ein hohes jährliches Defizit.

Das wollen wir ändern – indem wir uns in Zukunft deutlich stärker auf unsere Kernaufgabe konzentrieren: Als Universitätsmedizin werden wir uns auf schwerkranke Patientinnen und Patienten, die nur in Einrichtungen wie der unsrigen adäquat behandelt werden können, konzentrieren. Im Gegenzug dazu werden wir leichterer Fälle sukzessive an die Versorgungskrankenhäuser in der Region abgeben.

Wie haben Sie diese Schritte 2023 strategisch vorbereitet?

Um diese Schritte strategisch vorzubereiten, haben wir auch 2023 konsequent den Fokus daraufgelegt, die Universitätsmedizin Essen weiterzuentwickeln: Das geschieht durch translationale Forschung in unseren führenden Disziplinen, der Onkologie, der Transplantationsmedizin und der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das erreichen wir aber vor allem durch strukturelle Veränderungen über alle Disziplinen hinweg. Dabei leiten uns die Projekte Smart Hospital und Green Hospital sowie die Entwicklung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizin.

Hightech-Medizin braucht moderne Räume. Wie schreiten die Bauprojekte voran?

Hightech-Medizin braucht moderne Räume. Wer auf dem Campus der Universitätsklinik Essen unterwegs ist, wird die zahlreichen Baustellen wahrnehmen. Unsere Bauprojekte sind trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiter vorangeschritten: Die Fassadenarbeiten am Neubau unserer Kinderklinik sowie am Gebäude für die Nuklearmedizin konnte 2023 abgeschlossen werden, dort beginnt inzwischen der Innenausbau. Ein weiterer Meilenstein 2023 war der Baustart für unser modulares, multifunktionales Klinikgebäude sowie für ein Exzellenzforschungszentrum im Zusammenhang mit der Ernennung zum Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT). Einen weiteren Entwicklungssprung für unseren Standort Ruhrlandklinik bedeutet die Einweihung des „Zentrums für seltene Lungenerkrankungen“, das den hohen Standard der Patientenversorgung nochmals signifikant verbessern wird.

Was bedeutet die Ernennung zum Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) für die Universitätsmedizin Essen?

Die Ernennung zum Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), das wir in Kooperation mit der Universitätsklinik Köln auf- und ausbauen, bestätigt zunächst die jahrzehntelange herausragende Arbeit unseres Westdeutschen Tumorzentrums. Die Ernennung sichert aber vor allem Forschung und Austausch, die Krebsmedizin auf Championsleague-Niveau möglich machen. Davon werden die Menschen im Ruhrgebiet profitieren, das wird darüber hinaus die Krebsmedizin national und international nach vorne bringen.